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Blogbeitrag

Vom Ankern und Bahnen – die Manipulation unseres Bauchgefühls

geschrieben am 16. August 2022 von Oliver Haberger

Im letzten Blogartikel haben wir die Bedeutung der Intuition und des Bauchgefühls für Entscheidungen näher betrachtet. Die klare Erkenntnis: ohne Intuition kommt unser Gehirn nicht aus. In vielen Situationen ist sie uns ein unverzichtbarer Helfer, da sie eng verknüpft ist mit unserem „Unbewussten“.

Nun stellt sich die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit der Bauchgefühle. Kann man auf sie setzen oder geht man mit ihnen die Gefahr von Fehlurteilen oder gar Manipulation ein?

Kognitive Verzerrungen

Laut Kognitionspsychologie Daniel Kahneman, auf den wir letzten Monat bereits näher eingegangen sind, ist unser Gehirn eine „Assoziationsmaschine“, die kontinuierlich nach vertrauten Mustern sucht. Dadurch sind wir anfällig für sogenannte kognitive Verzerrungen, die uns meist unbewusst bleiben. Unter kognitiven Verzerrungen versteht man Wahrnehmungs- und Urteilsfehler, die unsere Entscheidungen beeinflussen. Denn oft urteilen und entscheiden wir nicht rein logisch und rational, sondern sind beeinflussbar und manipulierbar. Einerseits durch unsere eigene Lebensgeschichte und Psycho, andererseits durch andere.

Die Manipulations-Mechanismen

Zwar können wir Verzerrungen kaum vermeiden, da sie unterbewusst und ohne logisches Denken passieren. Jedoch kann es uns helfen die Mechanismen, durch die wir beeinflussbar und manipulierbar werden, zu kennen. Hier drei der wichtigsten „Unconscious Biases“, wie die unbewussten kognitiven Verzerrungen in der Fachliteratur auch genannt werden:

1. Priming oder Bahnung

Priming und Bahnung gehören zu den am meisten untersuchten Mechanismen der unbewussten Beeinflussung. Der Sozialpsychologe John Barth hat in den 90er Jahren ein Experiment hierzu durchgeführt – das sogenannte Florida-Experiment. Zwei Gruppen von Probanden wurden gebeten auf einer vorgegebenen Reihe an Wörtern Sätze zu bilden. Die eine Gruppe erhielt neutrale Worte, die andere erhielt Worte, die mit einem hohen Alter verbunden waren. Anschließend sollten die Probanden in einen anderen Raum gehen. Was kam dabei heraus? Die Probanden mit den „alten“ Worten gingen den Gang viel langsamer entlang als die Gruppe, die neutrale Worte als Vorlage erhalten hatte.

Hintergrund dieses Verhaltens ist eine Lenkung des Wahrnehmens durch eine Assoziation. Dieser Priming-Effekt entsteht häufig dann, wenn die Verarbeitung eines aktuellen Reizes mit bestimmten Gedächtnisinhalten verknüpft wird und diese in uns aktiviert. Alt = Langsam. Somit hat die Aktivierung des Programms „Alt“ in der oben genannten Gruppe zu einem damit verbundenen Verhalten geführt.

Dies beweist die Kraft von Worten. Seien Sie daher achtsam bei der Wahl Ihrer Worte, ob im Privaten oder Beruflichen. Nutzen Sie die positive Kraft des Priming, beispielsweise in der Führung Ihrer Mitarbeiter. Wählen Sie in Meetings Worte, die Ihre Mitarbeiter oder Kollegen mit Erfolg assoziieren. Und vermeiden Sie Begriffe, die an Versagen oder Misserfolg erinnern.

Das Gleiche ist auch im Privaten anwendbar: vermeiden Sie in inneren Dialogen negative Wörter und Aussagen wie z.B. „Das kann ich nicht“, „Das habe ich mir selbst zuzuschreiben“ oder „Ich Dummkopf“. Mit einer wertschätzenden Sprache und positiven Umschreibungen rahmen Sie Ihr Vorhaben positiv ein und bahnen auf diese Weise Ihrem Gehirn eine Straße zum gewünschten Ziel.

2. Der Ankereffekt

Der Ankereffekt gehört zu den bekanntesten kognitiven Verzerrungen und ist als eine Form des Primings anzusehen. Beim Ankern setzen wir durch eine vorher genannte oder – bewusst oder unbewusst – wahrgenommene Zahl in unserem Gehirn einen Anker. Im weiteren Verlauf richten wir unsere Schätzungen dann an dieser Zahl aus, und zwar auch, wenn die Zahl inhaltlich mit der Schätzung nichts zu tun hatte.

Das Ganze funktioniert aber nicht nur mit Zahlen. Der Kognitionspsychologe Tobias Kalescher betrachtete in seinem 2018 erschienenen Artikel ein Experiment, in dessen Verlauf zwei Richtergruppen den exakt gleichen Fall bewerteten. Der einen Gruppe wurde dabei erklärt, dass die Staatsanwaltschaft eine fingierte Mindeststrafe von 12 Monaten fordere, der anderen Gruppe wurde eine Mindeststrafe von 34 Monaten genannt. Was war das Ergebnis? Diejenigen Richter, denen der höhere Anker genannt worden war, setzten das Strafmaß 28,7 Monate im Durchschnitt fest, die andere Gruppe auf 18,78 Monate. Das ist ein Unterschied von 53 Prozent. Darüber hinaus konnte man erkennen, dass unter anderem Antrage auf Strafaussetzung davon abhängig waren, ob die Richter ihren Morgensnack oder später ihr Mittagessen verzehrt haben oder nicht. Je stärker sie ernährungsphysiologisch in der Balance waren, umso „gnädiger“ fielen ihre Bescheide aus und umgekehrt.

3. Selbstüberschätzung

Auch die Selbstüberschätzung muss hier als eine der häufigsten kognitiven Verzerrungen genannt werden. Dabei geht es nicht nur um die falsche Einschätzung unserer eigenen Kompetenzen. In Situationen, in denen uns valide Informationen fehlen und daher Entwicklungen geschätzt werden müssen, kommt sie ebenfalls zum Tragen. Mit der Schätzung linearer Entwicklungen haben wir Mensch meist kein Problem. Doch wenn es um die Abschätzung exponentieller Entwicklungen geht, lässt uns unsere Intuition meist im Stich. Ein gutes Beispiel hierfür: die Entwicklungen der Corona-Fallzahlen oder die Zinsrechnung.

(Zur Erinnerung: Exponentielles Wachstum bedeutet eine Verdoppelung bei jedem Wachstumsschritt, ausgehend vom jeweils letzten Stand.)

Somit kennen wir nun drei der wichtigsten „Unconscious Biases“, durch die wir beeinflussbar und manipulierbar werden. Auch wenn dies ein weites Feld ist, das ich lediglich anreißen konnte, hoffe ich Ihre Aufmerksamkeit etwas darauf gelenkt zu haben.

Dem Ankereffekt oder dem Priming können Sie übrigens auch in unseren Seminaren wieder begegnen: beispielsweise in den Bereichen Persönlichkeitsentwicklung oder Marketing, hier unter anderem im Seminar „Strategisches Preismanagement„, das ja viel mit Ankern zu tun hat.

Schauen Sie doch gerne einmal in unser Schulungsangebot unter www.www.manager-institut.de. Alle unsere Seminare sind sowohl als Präsenzschulungen, Live-Online-Seminare (LIVEINAR®) oder hybride Kurse (FLEXINAR®) buchbar.

Foto von Manuel Keusch: https://www.pexels.com/de-de/foto/weisser-und-schwarzer-anker-mit-kette-tagsuber-811440/